Berufskrankheit Asbestkrebs |
Die 13 - "Sie können der Nächste sein" Arbeitsunfall, Wegeunfall, Berufskrankheit 13. Asbestmesotheliom des Sohnes |
|
Für die Familie J. sollte es noch schlimmer kommen. Zunächst war der Vater und Asbestwerker in der Asbestisolierfirma an der Asbestose verstorben, also an einer Staublunge, die langsam zum Ersticken führt. Später erkrankte die Ehefrau und Mutter an Asbestkrebs (Mesotheliom), weil sie in den 5O-er Jahren die Arbeitskleidung ihres Mannes reinigte und dabei Asbeststaub inhalierte. Dann ruft der Sohn der Familie, der den Prozeß in Sachen seiner Mutter von Seiten der Familie betreut, den Anwalt (Verfasser) an, um ihm mitzuteilen, daß er als Sohn nunmehr selbst an einem Asbestmesotheliom erkrankt sei, wie ihm die Ärzte mitteilten. Der Fall mußte vom Verfasser umgehend zur Berufsgenossenschaft gemeldet werden, verbunden mit einem Entschädigungsantrag. Zum Sachverhalt: Zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Mesothelioms (man spricht bei der Latenzzeit von einer 3O-Jahres-Regel) war der Sohn inzwischen erwachsen, verheiratet und Familienvater. Die Berufsgenossenschaft
wurde darüber informiert, daß sich der nunmehr erkrankte
Sohn noch daran erinnert, auf dem Gelände der Asbestisolierfirma
gelegentlich beim Verladen der Asbestmatten als Kind mitgeholfen
zu haben, indem die Matten von der oberen Etage dem unten stehenden
Fahrer bzw. Fahrzeug zugeworfen wurden. Im Falle eines Lehrlings soll ein einmaliger Kontakt genügt haben. Jedenfalls sind häufigere Asbestkontakte hier mit dem gefährlichen Blauasbest allemal geeignet, ein Asbestmesotheliom hervorzurufen. Die Berufsgenossenschaft, die in diesen Fällen behauptete, keine Familienversicherung zu sein, lehnte den Versicherungsschutz für den Sohn ab, obwohl dieser wie ein Versicherter nach § 539 II RVO tätig geworden war. Das Sozialgericht in Duisburg verwies auf Unfälle von Kindern in der Landwirtschaft, die kurzzeitige Handreichungen bei der Arbeit geleistet hatten, und verurteilte die Berufsgenossenschaft antragsgemäß zu Entschädigungsleistungen an die Witwe und die Waise. Der dem Gericht vorliegende Meßbericht aus früherer Zeit wies exorbitante Asbeststaubwerte in der Firma aus. Das Sozialgericht sah eine versicherte Tätigkeit nach § 539 II RVO als gegeben an, Tätigkeit "wie ein Versicherter". Man muß wissen, daß es beim Mesotheliom dieser Art keine andere Ursache gibt als den Asbest und der Verdacht auf eine Berufskrankheit bei jedem Mesotheliom vorliegt, letzteres lt. Merkblatt des BMA zur BK 41O5. Die Arbeitsmedizin bezeichnet deshalb das Mesotheliom als den Signaltumor einer beruflichen Asbesteinwirkung. Ergänzend sei angemerkt, daß die Satzung der Berufsgenossenschaft eine Regelung enthält, wonach auch Besucher der Betriebsstätte unter Versicherungsschutz stehen können. Ein Zeuge hatte sich
noch gut erinnern können: "Ich habe ihn häufiger gesehen. Die damalige Gefahr kannten wir nicht." Ein anderer Zeuge: Die Berufsgenossenschaft mochte dieses Urteil des Sozialgerichts Duisburg nicht hinnehmen und legte Berufung ein. Auf berufsgenossenschaftlichen Antrag setzte das Berufungsgericht sogleich die Vollstreckung des Urteils des Sozialgerichts Duisburg aus, so daß es nicht einmal vorläufig zur Zahlung einer Urteilsrente an die Klägerinnen kam. Im Berufungsverfahren bekundeten ein weiterer Zeuge und eine Zeugin, den Sohn dabei gesehen zu haben, wie er bei Reinigungsarbeiten, also beim Auffegen des Staubes, geholfen hat. Die Zeugin wörtlich: Bei einer solchen
Tätigkeit werden leicht 1OO Millionen Blauasbestfasern pro
Kubikmeter Atemluft erreicht, in welcher sich der Sohn also seinerzeit
befand. Taxierte man die weiteren Erfolgsaussichten dieses Rechtsstreites, so malte in der mündlichen Berufungsverhandlung das Berufungsgericht ein düsteres Bild. Das Bundessozialgericht würde wohl kaum auf Grund der neueren Rechtsprechung zur finalen Handlungstendenz, geäußert schon in den Hausfrauenmesotheliomfällen, den Versicherungsschutz bejahen. Insofern mußte
schweren Herzens den Klägerinnen zur Annahme der gerichtlichen
Vergleichsanregung geraten werden, die allerdings ein beachtliches
Ergebnis zeitigte, wörtlich: Die Würdigung dieses Ergebnisses, das in der Geschichte der gesetzlichen Unfallversicherung in dieser Form offenbar einmalig ist, möge dem Leser anheimgestellt werden. Jedenfalls sollte jeder vergleichbare Fall an die Berufsgenossenschaft gemeldet werden, welche hierüber rechtsbehelfsfähig bescheiden muß. Hinweis: |
|
** Die obigen rechtlichen Ausführungen stellen naturgemäß keine Rechtsberatung dar, sondern sollen lediglich als erste Information und Orientierung dienen. Dabei ist zu beachten, dass sich die Rechtslage auch jederzeit ändern kann und die obigen Ausführungen insofern nicht in jedem denkbaren Fall die jeweils aktuellste Rechtslage darstellen können. |