Infektionskrankheiten

C. Sonderfälle von I

Berufskrankheiten – Übersicht A-Z

I wie Infektionskrankheiten

Die BK-Nr. 3101 bezeichnet als Berufskrankheit Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war. Ein Arzt oder eine Krankenschwester können sich beruflich an Tuberkulose infizieren, an Hepatitis, AIDS etc..

Fall: Operateur erleidet im Operationssaal eine Stichverletzung mit der Folge einer AIDS-Infektion. Der Patient ist nachweislich AIDS-krank. Die Anerkennung als Berufskrankheit soll Vorrang gegenüber einer solchen als Arbeitsunfall haben.

Die Anerkennung als Arbeitsunfall kann aber dann wichtig sein, wenn ansonsten die Voraussetzungen der Infektionserkrankung nicht gegeben wären. Selbst in einem Standardkommentar findet sich die falsche Meßlatte, die berufliche Bedingung müßte zumindest „gleichwertig“ sein, um den Versicherungsschutz zu begründen.

Hinweis: Das Merkmal der Gleichwertigkeit, das selbst in Beweisbeschlüssen der Gerichte bezüglich Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen gefordert wird, kommt in Wahrheit aus dem Strafprozeß und taugt nicht für die gesetzliche Unfallversicherung. Im Strafprozeß kann sich der Totschläger nicht damit herausreden, das Opfer wäre bereits hinfällig gewesen und sein Schlag auf den Kopf des Opfers hätte weniger Gewicht gehabt für den Ausgang. Dem wird im Strafrecht dadurch begegnet, daß man die Mitursachen ideell gleichgewichtet. Der Übertragungsfehler im Sozialgerichtsprozeß geht dahin, daß man stattdessen reale Gleichwertigkeit der beruflichen Ursache fordert.

Das Problem in dem Fall des Standardkommentars hat eine andere Bewandtnis.

Fall: Rauschgiftsüchtige Arzthelferin „fixt“ am Arbeitsplatz mit einer hepatitiskontaminierten Nadel. Beurteilen Sie bitte nach Ihrer praktischen Lebenserfahrung, ob hier eine wesentliche berufliche Mitursache bzw. Gefährdung zum Tragen gekommen ist.

Eindeutig ist der nachfolgende

Fall: Minderjährige Arzthelferin erkrankt an fulminanter Hepatitis nach Patientenkontakt bzw. Kontakt mit dem Blut eines infizierten Patienten. Hier wurde die berufsgenossenschaftliche Anerkennung angestrebt, und zwar auch von dem Arbeitgeber und Arzt, um privatrechtlichen Ansprüchen der Mitarbeiterin gegen den Arzt vorzubeugen.

An Infektionskrankheiten nennt das Merkblatt etwa das Gelbfieber, die Pocken, Poliomyelitis usw..

Fall: Wie beurteilen Sie den Fall, daß bei einer Kinderlähmungsepidemie eine Friseuse oder aber auch ein Lehrer an Kinderlähmung erkrankt?

Die Gefahr eines höheren Infektionsrisikos dürfte auf der Hand liegen, weil die betroffenen Personen ungleich höheren bzw. intensiveren Personenkontakt aufweisen als ein normaler Bürger in seinem Privatkreis. Im Merkblatt ist weiter die Rede von Fleckfieber, Brucellosen, Gasbrand, Syphilis, Pest, Tetanus, Tuberkulose, Amöbenruhr, Malaria. Es finden sich zahlreiche weitere Hinweise zu den besonderen Erkrankungen der Tuberkulose, der Virushepatitis. Einen besonderen Problembereich stellen die AIDS-Erkrankungen dar. Ärzte, aber auch Geschäftsreisende bspw. in Afrika können einem erhöhten Risiko ausgesetzt sein. Entscheidend wird sein, welche Beweisanforderungen die Berufsgenossenschaft stellt.

Der besondere

Fall: Ein Arbeitsunfallopfer (Verkehrsunfall) wird im Krankenhaus mit einer AIDS-verseuchten Blutkonserve versorgt. Der Verletzte wird AIDS-krank und zu Beispielzwecken auch die Krankenschwester, die sich beim Öffnen der Blutkonserve schneidet.

Die Infektion der Krankenschwester kann als Berufskrankheit behandelt werden. Die Ansteckung des Arbeitsunfallopfers ist als mittelbare Folge dem Arbeitsunfall zuzurechnen. Es existiert eine Stadieneinteilung der HIV-Infektion (Herausgeber ist das Bundesgesundheitsamt). Der Rentensatz einer Verletztenrente soll bei einer leichten Form von AIDS 50 bis 60 % ausmachen, gleich etwa 50 bis 60 % vom Nettoeinkommen, die schwere Form soll eine Verletztenrente von 60 bis 100 % ausmachen. Bei wohl kaum einer anderen Berufskrankheit werden derart viele Beweisregeln diskutiert, wie bei der beruflichen Infektionskrankheit.

Frage: Es fragt sich, ob nicht den Berufskrankheitsbildern selbst in der Berufskrankheitenliste der Rechtsnormcharakter abgeht und es sich nicht in Wahrheit dabei um versteckte Beweisregeln handelt, welch letzterer Umstand wegen der vielfältigen Ausschlüsse von andersartigen Berufskrankheitsarten zu einer krassen Ungleichbehandlung von Berufskranken gegenüber Arbeitsunfallopfern führt. Entweder soll die Infektionsgefahr nicht „besonders“ gewesen sein bei der BK 3101 oder bei einer anderen Berufskrankheit soll dann das falsche Körperteil erkrankt sein, etwa beim Asbestkrebs nicht die Lunge, sondern früher z.B. der Kehlkopf oder immerhin noch heute der Darm oder Magen usw.. Kein Mensch würde beim Arbeitsunfall fordern, beispielsweise beim Leitersturz, daß dieser nur dann ein Arbeitsunfall wäre, wenn der Kopf oder jedenfalls bestimmte Organe verletzt sind. Solche zum Teil sinnwidrige Ausschlüsse enthält die deutsche Berufskrankheitenliste an allen Ecken und Enden, was den unangenehmen Beigeschmack eines Sammelsuriums von Beweisregeln nur verstärkt.

Ein Wort zur Statistik der BK 3101:

Laut Arbeitssicherheitsbericht 1998 wurden 1997 2.202 Verdachtsfälle angezeigt und 181 neu berentet. Die Dunkelziffer dürfte beachtlich sein.

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