Obduktion, Obstpflückern und Osteomyelitis

C. Sonderfälle von O

Berufskrankheiten – Übersicht A-Z

O wie Obduktion

Tip: Leiden Sie an einer Silikose von 50 % MdE, die anerkannt sind, oder an einer entsprechenden Asbestose von 50 % an aufwärts, lassen Sie sich von der Berufsgenossenschaft keine Zustimmung zur Obduktion abhandeln. Die Berufsgenossenschaft müßte Sie vielmehr von Rechts wegen darauf hinweisen, daß zu Ihren Gunsten der Zusammenhang zwischen Berufskrankheit und Tod von Gesetzes wegen vermutet wird, es sei denn, es wäre offenkundig das Gegenteil der Fall.

Eine solche Aufklärung der betroffenen Familien wird nicht selten berufsgenossenschaftlich unterlassen, sehr zum Schaden der Betroffenen, denen man durch die Obduktion die gesetzliche Vermutung kaputt zu machen die Absicht hat. Dabei dachte der Gesetzgeber an andere Fälle, welche die Vermutung ausschließen könnten, Brand eines Hauses, Unfall, Verbrechen usw., nicht aber daran, daß die Berufsgenossenschaft nachweisen will, daß der Betroffene allein an einer unabhängigen Herzerkrankung gestorben wäre.

Tip: Lassen Sie sich also auf jeden Fall vorher beraten.

O wie Obstpflücken

Fall: Ein italienischer Gastarbeiter kauft in einer süddeutschen Gemeinde die Obsternte auf dem Baum und stürzt beim Obstpflücken mit der Folge einer Querschnittslähmung ab.

Während bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich solche Fälle berufsgenossenschaftlich entschädigt wurden, sollte dies plötzlich nicht mehr so sein. Die Berufsgenossenschaft hatte damit Erfolg, die Entschädigung in diesem Fall abzulehnen. Hintergrund dieses Schwenks in einer jahrzehntelangen unangefochtenen Entschädigungspraxis war einmal die Überlegung des Bundessozialgerichts in einem vorangegangenen Fall, die Gemeinden hätten an einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung von gemeindlichen Obstgrundstücken kein Interesse mehr. Bitte beurteilen Sie dies einmal nach Ihrer praktischen Lebenserfahrung, ob dies ein tragender Grund für eine Ablehnung sein kann, daß etwa ein Landwirt sein Obstgrundstück vernachlässigt. Andererseits findet sich in diesem Zusammenhang der folgenschwere „Rechtssatz“ des Bundessozialgerichts, ein Unternehmer könnte nicht zugleich wie ein Versicherter tätig sein.

Vorsicht: Dieser Rechtssatz, der aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung herrührt, ist ersichtlich falsch und mag bereits in einer Vielzahl von Fällen (Dunkelziffer) zur berufsgenossenschaftlichen Ablehnung geführt haben.

Was meint das Bundessozialgericht? Man erklärt den italienischen Gastarbeiter zum Unternehmer seines Privathaushaltes und schlägt diesem Privathaushalt die bislang für versichert gehaltene Obsternte auf dem Gemeindegrundstück zu.

Anmerkung: Die Rechtsprechung in der gesetzlichen Unfallversicherung ist weiß Gott nicht unternehmerfreundlich. Nicht selten läßt sich vielmehr das Gegenteil feststellen.

Ob nun der italienische Gastarbeiter „Unternehmer“ seines Privathaushaltes ist oder nicht, ändert nichts daran, daß hier eine „gemischte Tätigkeit“ vorliegt, deren wesentlicher anderer Teil bis zu den 8O-iger Jahren jedenfalls für die berufsgenossenschaftliche Anerkennung taugte. Diese Art Fälle führten dazu, daß plötzlich die kurzzeitigen Handreichungen in der Landwirtschaft im Gegensatz zur früheren Entschädigungspraxis der Berufsgenossenschaft Gefahr liefen, nicht mehr versichert zu sein.

Hinweis: Die Gesetzeslage hatte sich dieserhalb nicht geändert, wohl aber die Rechtsprechung.

Zum Beweis dessen, daß ein Unternehmer sehr wohl zugleich wie ein Versicherter tätig sein kann, ein

Beispiel: Unversicherter Unternehmer, der auf einer Betriebsfahrt befindlich ist, weicht auf der Landstraße einem unvorsichtigen Radfahrer aus, der die Vorfahrt des Unternehmers nicht beachtet. Der Unternehmer stößt vor einen Brückenpfeiler und zieht sich tödliche Verletzungen zu. Dabei handelt es sich um eine versicherte Rettungshandlung.

Also kann der Rechtssatz des Bundessozialgerichts nicht stimmen, daß eine Tätigkeit eines Unternehmers nicht zugleich einen anderen Bestimmungszweck beinhalten kann. Auch in diesem Zusammenhang sind also gemischte Tätigkeiten denkbar. Früher hatte man einem Unternehmer, der als solcher bei einem Arbeitsunfall nicht versichert war, nicht selten dadurch geholfen, daß man ihn wie einen Versicherten behandelte, der zugleich für ein anderes Unternehmen tätig war.

Denkbarer

Fall: Der Unternehmer bestellt eine Baufirma zu Baumaßnahmen auf dem Betriebsgrundstück und hilft unter Anleitung dieser Baufirma bei den Arbeiten mit.

Möglicherweise handelt es sich bei der Kehrtwende der Rechtsprechung in den Fällen des Obstpflückens schon um ein Vorzeichen dafür, was später unter dem Begriff der sogenannten finalen Handlungstendenz in die Rechtsprechung Eingang findet, daß man nämlich immer mehr kausale Verknüpfungen zu monokausalen Privattätigkeiten erklärt. Die negative Folge ist dann, daß für die Betroffenen der Versicherungsschutz versagt wird.

Tip: Ein guter Hinweis für den Versicherungsschutz kann auch darin liegen, daß früher gleichartige Fälle problemlos entschädigt wurden.

Änderte sich die Rechtsprechung dann, ohne daß sich die Gesetzeslage änderte, kann dies auf einen Fehler in der Rechtsprechung deuten, den Sie nicht hinnehmen müssen. Gelegentlich revidiert sich selbst das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung.

O wie Osteomyelitis (Knochenmarkseiterung)

Häufige Unfallfolgen sind Knochenmarkseiterungen, die bis zur Amputation führen können und regelmäßig eine höhere MdE (Rentensatz) bedingen, wenn die Osteomyelitis, so der ärztliche Fachausdruck, chronisch wird. Eine Osteomyelitis kann auch berufskrankheitsbedingt auftreten, etwa aufgrund einer Phosphorexposition, siehe BK-Nr. 1109 zu den sogenannten Phosphornekrosen.

Parkbanklähmung
Peniscarcinom
Pflegegeld
Phosphor oder seine anorganischen Verbindungen
organische Phosphorverbindungen

Unfälle am Arbeitsplatz