C. Sonderfälle von H
Berufskrankheiten – Übersicht A-Z
H wie Halogenkohlenwasserstoffe
Unter den Oberbegriff Lösemittel, Schädlingsbekämpfungsmittel (Pestizide) und sonstige chemische Stoffe finden sich die Berufskrankheiten 1301 bis 1317, also auch die BK 1302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe. Halogenkohlenwasserstoffe (Verbindungen von Kohlenwasserstoffen mit Fluor, Chlor, Brom, Jod) werden industriell vielseitig verwendet, teilweise auch als Stoffgemische. Man findet sie auch vielfach als Verunreinigung technischer Produkte. Halogenierte Kohlenwasserstoffe werden vorrangig als Lösemittel, ferner im Pflanzenschutz und in der Schädlingsbekämpfung eingesetzt, wie in der Kühltechnik als Feuerlöschmittel usw. Gefahrenquellen sind etwa entsprechende Lösemittel in der Metallindustrie zum Entfetten, in der Textil- und Bekleidungsindustrie zum Reinigen und als Hilfsmittel bei der Textilveredelung (z.B. Imprägnierung) in der Farbenindustrie und beim Aufbringen sowie Abbeizen, in der Kunststoff- und Gummiindustrie insbesondere als Ausgangspunkt für Polymere und als Lösemittel für Klebstoffe, in der Erdölindustrie zum Trennen von Stoffgruppen aufgrund ihres selektiven Lösevermögens z.B. für Asphalte, Öle und aromatische Kohlenwasserstoffe, als Extraktionsmittel für Fette, Wachse und Harze, in Chemischreinigungsbetrieben zum Reinigen und als Detachiermittel in der Schuhindustrie als Lösemittel für Klebstoffe, in der Druckindustrie und im grafischen Gewerbe. Abkürzungen von Arbeitsstoffen wie „Tri“, „Per“, und „Tetra“ deuten auf eine entsprechende Gefährdung. Die Intoxikation erfolgt vorwiegend über die Atemwege, zum Teil auch über die Haut. Beobachtet werden Erkrankungen des zentralen Nervensystems und toxische Neuropathien. Neurologische Symptome stehen auch bei Intoxikationen mit den insektizid wirkenden chlorierten Kohlenwasserstoffen z.B. Lindan oder DDT im Vordergrund. Es kann bis zum Tod durch Atemlähmung, Herzrhythmusstörungen oder zentrales Kreislaufversagen auch noch nach Wochen kommen. Nach überlebten schweren Intoxikationen sind Polyneuropathien beobachtet worden. Halogenkohlenwasserstoffe sind Leber- und Nierentoxisch. Vinylchlorid besitzt eine krebserzeugende Wirkung (Hämangioendothelsarkom der Leber).
H wie Hautkrebs
oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe, BK-Nr. 5102
Frage: Warum wird diese Berufskrankheit nicht allgemeiner gefaßt, wenn man doch weiß, daß es auch andere Arbeitsstoffe bzw. Arbeitsbelastungen gibt, z.B. aromatische Amine, Arsen, Chrom, Strahlen, Ultraviolett-Exposition, die ebenfalls Hautkrebs verursachen können? (In den letzt genannten Fällen hilft dann nur ein Ausweichen auf andere Listennummern der Berufskrankheitenliste oder auf die Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall, wenn denn überhaupt etwas helfen kann.)
Gefahrenquellen:
Ruß als feinflockiger Kohlenstaub entsteht bei unvollständiger Verbrennung von Kohlenwasserstoffen und wird bei der Herstellung von Tusche, Wichse, Farben, Kunststoffen und besonders in der Gummiindustrie benötigt. Rohparaffin wird gewonnen aus bituminöser Braunkohle, Ölschiefer, Erdöl und Erdwachs; es wird in der Zündholz-, Papier- und Sprengstoffindustrie verwendet. Teer als Destillationsprodukt von Stein- und Braunkohle, Torf und Holz wird in Kokereien und Gasfabriken gewonnen und in Dachpappen- und Steinkohlebrikettfabriken, bei der Holzimprägnierung und im Straßenbau gebraucht. Anthrazen ist ein Teerdestillationsprodukt. Es wird verwendet als Rohstoff in der Farbenherstellung, beim Holzimprägnieren, bei der Herstellung von Lacken und Dachpappen. Pech ist der letzte Rückstand der Teerdestillation. Es wird als Bindemittel in der Steinkohlebrikettfabrikation, für Kabelisolierung, Herstellung von Dachpappen, Lacken und anderem benutzt. Ähnliche Stoffe sind z.B. Erdwachse, Asphalte, Masut und Mineral-, Schmier-, Zylinder- und Bohröle, die bei 300 Grad C und mehr sieden. Die Haut kann durch direkte Einwirkung (auch durch Staub und Dämpfe) der genannten Stoffe oder durch mit diesen Stoffen behaftete Arbeitskleidung beschädigt werden. Sonnenbestrahlung, Hitze und mechanische Reize (Scheuern der Kleidung) können dies begünstigen. Zunächst kann es zu entzündlicher Rötung und zu Ekzem mit Juckreiz kommen. Bei weiterer Exposition können sich bräunlich fleckige Pigmentierungen (Melanose), Follikulitis und Akne entwickeln. Auf derartig veränderter Haut, aber auch ohne dieses Vorstadium, ist die Entstehung einzelner oder multipler verschieden großer sogenannter Teer- oder Pechwarzen möglich. Diese Warzen neigen zu karzinomatöser Entartung. Die Pech- und Teerwarzen können nach relativ kurzer Zeit, vielfach aber erst nach mehreren Jahren, besonders im Gesicht und am Handrücken, mitunter auch am Unterarm, Unterbauch und Skrotum auftreten. Wenn die Rede ist von Pech- und Teerwarzen, die in Krebs entarten können, dann muß man unwillkürlich auch an die sogenannten Asbestwarzen denken, die in den alten Merkblättern zu den Asbesterkrankungen noch erwähnt waren, allerdings keine Erwähnung mehr in den neuen Merkblättern finden. Der Hautkrebs im Sinne der BK 5102 oder die zur Krebsbildung neigenden Hautveränderungen sollen im Stadium der sogenannten Melanose etwa noch nicht erreicht sein.
Tip: Auch wenn keine bzw. noch keine Berufskrankheit vorliegt, können Sie bei Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit Übergangsleistungen, d.h. Ausgleich des Verdienstausfalls für die ersten 5 Jahre erhalten.
Unabhängig davon haben Sie im Krebsfall dann Anspruch auf eine mitunter hohe Verletztenrente.
Zur Statistik:
Jährlich werden mehr als 40 Fälle angemeldet bei der Berufsgenossenschaft. Bis zu 15 neue Rentenfälle werden jährlich verzeichnet. An tödlichen Fällen zählt man 1 bis 2 Fälle jährlich. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein.
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