Der Katalog der versicherten Personen – Beschäftigte

Nr. 3 erfaßt die Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind. Dabei kann es sich um Schultauglichkeitsuntersuchungen handeln oder um Untersuchungen nach dem Seemannsgesetz sowie im Jugendarbeitsschutz und der Strahlenschutzverordnung. Der Gesetzgeber sieht hier einen unmittelbaren Zusammenhang mit der unfallversicherten Beschäftigung. Auch Untersuchungen aufgrund von Unfallverhütungsvorschriften sind unter Schutz gestellt. Dabei sind zu nennen etwa die Untersuchungen für Beschäftigte, die im mineralischen Staub tätig sind oder im Lärm arbeiten.

Hierzu ein Tip: Wenn Sie im Asbeststaub gearbeitet haben, achten Sie auch nach Ihrer Pensionierung darauf, daß Sie an regelmäßigen Überwachungsuntersuchungen, mindestens einmal jährlich teilnehmen, die von der Sache her die Berufsgenossenschaft veranlassen muß.

Dieserhalb besteht eine generelle berufsgenossenschaftliche Praxis (Asbesterfassungsstelle in Augsburg), durch deren Maschen aber viele ehemals beruflich asbestgefährdete Versicherte fallen.

Hinweis: Ausländer, die in ihr Heimatland zurückgekehrt sind, werden von den nachgehenden
berufsgenossenschaftlichen Untersuchungen ausgeschlossen, die ansonsten von Amts wegen veranlaßt werden.

Nr. 4 des Kataloges der versicherten Tätigkeiten: Behinderte, die in nach dem Schwerbehindertengesetz anerkannten Werkstätten für Behinderte oder nach dem Blindenwarenvertriebsgesetz anerkannten Blindenwerkstätten oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind. Dies können Einrichtungen sein, wo Behinderte Verkehrsschilder zusammenkleben oder ähnliche Tätigkeiten verrichten. Ausdrücklich erwähnt ist hier die Tätigkeit von Behinderten für diese Einrichtungen auch in Heimarbeit.

§ 2 Absatz 1 Nr. 5 a erweitert den Versicherungsschutz in erheblichem Maße für

„Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten.“

Der Gesetzgeber weiß also, wie man es richtig machen kann, wenn man Unternehmer unter Versicherungsschutz stellt, jedenfalls für den Bereich der Landwirtschaft weiß der Gesetzgeber dies.

Grundsätzlich sind ansonsten Unternehmer, also die Selbständigen, wozu auch der Anwalt gehört, unversichert in der gesetzlichen Unfallversicherung, sehr zum Schaden der jeweils Betroffenen, die diese Lücke im sozialen Netz nicht einmal ahnen.

Vorsicht: Wer weiß denn als Selbständiger, ob er bei der Berufsgenossenschaft selbst versichert ist oder ob er sich freiwillig bei der Berufsgenossenschaft versichern muß?

Tip: Klären Sie dies als Selbständiger in jedem Fall, damit Sie im Ernstfall nicht ohne Leistungen dastehen und der Sozialhilfe anheim fallen, obwohl Sie einen Arbeitsunfall erlitten haben.

Die Einbeziehung der landwirtschaftlichen Unternehmer ist also eine Ausnahmevorschrift, da in der gesetzlichen Unfallversicherung Unternehmer in aller Regel nicht kraft Gesetzes versichert sind. Man sieht dies in der gesetzlichen Zielsetzung als eine genossenschaftliche, auf versicherungsrechtlicher Grundlage konstruierte Eigenhilfe der landwirtschaftlichen Unternehmer an.

Frage: Tragen nicht alle Berufsgenossenschaften das Wort Genossenschaft im Namen und müßte deshalb nicht Gleiches beherzigt werden bei Aufstellung des Kataloges der versicherten Tätigkeiten, wenn man an andere Unternehmer als die Landwirte denkt?

Die Berufsgenossenschaft wird nicht durch die Versicherten als Mitglieder definiert. Mitglieder der Berufsgenossenschaft sind vielmehr die Unternehmer.

Die Einbeziehung des im landwirtschaftlichen Unternehmens mitarbeitenden Ehegatten erscheint als äußerst sinnvoll, was die gesetzliche Regelung anbetrifft.

Hinweis: In anderen Bereichen, z.B. Anwalt/mitarbeitende Ehefrau oder andere Selbständige in vergleichbarer Lage, könnte demgegenüber der Versicherungsschutz auseinanderfallen, wenn der Selbständige dieses Bereichs nicht versichert ist und keine freiwillige Unternehmerversicherung abgeschlossen hat.

Die systematischen Brüche im Katalog der versicherten Tätigkeiten führen dann nicht selten dazu, daß der Unternehmer selbst nicht versichert ist, während seine Ehefrau einen Arbeitsvertrag aufweist und gegebenenfalls als Versicherte anzusehen ist.

In der Landwirtschaft kann der Versicherungsschutz rund um die Uhr gehen, wenn man die Arbeitszeiten in der Landwirtschaft in Rechnung stellt.

Andere mitarbeitende Familienangehörige sind ebenfalls versichert, vorausgesetzt sie arbeiten nicht nur vorübergehend im landwirtschaftlichen Unternehmen mit, § 2 I 5 b SGB VII.

Zur Ausnahme: Die 12-jährige Nichte eines Landwirtes, die bei der Ernte mithilft, kann demgegenüber nach
§ 2 II SGB VII versichert sein, weil sie „wie eine Versicherte“ tätig wird.

Hinweis: Dies galt jedenfalls für die Rechtsprechung und Entschädigungspraxis der letzten Jahrzehnte, die allerdings heute durch eine nur noch wertende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das den berufsgenossenschaftlichen Begriff der sogenannten „finalen Handlungstendenz“ übernommen hat und praktiziert, deutlich gefährdet ist.

Deutlich gewerbliche Zusammenhänge werden in neuerer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dem ausschließlich privaten Bereich der Familie wertend zugeordnet, was schon zu erstaunlichen Fehlurteilen geführt hat (etwa im Asbestkrebsfall der Ehefrau, welche die asbestverschmutzte Arbeitskleidung ihres Mannes gereinigt hatte).

Zu einer weiteren Ausnahme respektive Erweiterung des Versicherungsschutzes im Bereich der Landwirtschaft:

Fall: Ein Jäger, von Haus aus Metzger, half einem Landwirt bei der Schweineschlachtung. Die Sau, 2 Zentner schwer und gefesselt, sollte mit einem Bolzenschuß betäubt werden, was mißlang. Der Jäger mußte seine ganze Kraft aufwenden, um das widerborstige Schwein abzustechen und verstarb selbst noch auf der Unfallstelle an einem Herztod. Rechtliche Anspruchsgrundlage ist § 539 II RVO bzw. heute § 2 II SGB VII (Tätigkeit „wie ein Versicherter“).

Der Fall ging durch alle Instanzen zunächst, ohne daß Witwe und Waisen eine Entschädigung zuerkannt bekamen. Das Landessozialgericht hatte überraschend als absolute Voraussetzung der Entschädigung aufgestellt, daß bei einem Todesfall nur dann die Berufsgenossenschaft eintrittspflichtig wäre, wenn das Leben des Betroffenen um ein Jahr oder mehr verkürzt worden wäre. Dies hätte man hier nicht feststellen können. Dieses LSG-Urteil war so unzutreffend wie es nur sein konnte, eben weil die Lebenszeitverkürzung um ein Jahr eine reine Hilfsüberlegung darstellt, wenn nicht anderweitig die Mitursächlichkeit der beruflichen Ursache feststellbar ist. Ein auf den Tod Krebskranker, dessen Tod in einer Woche zu erwarten ist, kann auf dem Weg zur Arbeit tödlich verunglücken und unter Versicherungsschutz stehen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin erreichte die Witwe die Zulassung der Revision, welche sodann zur Zurückverweisung führte. Bei einem erneuten Anlauf vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen kam es unter Ladung eines Terminsachverständigen zur berufsgenossenschaftlichen Anerkennung, und zwar nach § 539 II RVO. Die Fachzeitschrift „Die Sozialgerichtsbarkeit“ hat diesen Fall, den der Verfasser betreut hat, erwähnt.

Tip: Findet sich also der Fall nicht unter den typischen versicherten Tätigkeiten des Kataloges in
§ 2 Abs. 1 SGB VII, denken Sie immer daran, daß Sie immerhin „wie ein Versicherter“ tätig geworden sein können, was gegebenenfalls für den Versicherungsschutz ausreicht.

Es handelt sich beim zitierten Beispiel um eine versicherte Tätigkeit in der Landwirtschaft. Dieser Zweig kennt möglicherweise den weitgehendsten Versicherungsschutz, aber nicht unbedingt die höchsten Leistungen.

Ebenfalls versichert sind in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätige Personen, wenn für das Unternehmen eine landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.

Der Schutz von Ehrenamtlichen in Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen, findet sich in § 2 I 5 d ebenso wie der Schutz der Ehrenamtlichen in den Berufsverbänden der Landwirtschaft unter Nr. 2 I 5 e zu finden ist. Voraussetzung ist, daß für das Unternehmen eine landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.

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