Nachbar, Nerven, Nierenkrebs, Nitroglyzerin und Notdurft

C. Sonderfälle von N

Berufskrankheiten – Übersicht A-Z

N wie Nachbar

Fall: Ein Nachbar hilft mit beim Hausbau und verletzt sich.

Wenn Ihr Nachbar Ihnen über die bloße Gefälligkeit hinaus durch ernstliche Arbeitsleistung zur Seite steht, kann er „wie ein Versicherter“ tätig sein und verunglücken, § 9 II SGB VII. Nachbarn einer Chemie- oder Asbestfabrik können durch Emissionen krebskrank werden, siehe dazu zum Stichwort B wie Bystander. Sinnvoll wäre auch hier die dann analoge Anwendung des § 9 II SGB VII bzw. § 539 II RVO.

Hinweis: Die Berufsgenossenschaften wollen diese Fälle aber nicht entschädigen, obwohl deren Technische Aufsichtsbeamte die Gewerbebetriebe begehen und die Gefahren der Emissionen erkennen können.

Nachgerade grotesk mutet der Fall an, wo die Ehefrau eines Unternehmers einer Asbestisolierfirma an der Stelle auf dem Balkon ihrer Wohnung auf dem Firmengelände sonnte, an der das Gebläse der Fabrikhalle befindlich war bzw. die Emission von Asbeststaub der Fabrik stattfand. Was aus dieser Frau wurde, ist nicht bekannt.

N wie Nerven

Drucklähmungen der Nerven sind erfaßt von der Berufskrankheitenlisten-Nr. 2106, nicht zu verwechseln mit Nervenschäden etwa durch Lösemittel, siehe dazu die Berufskrankheiten 13, insbesondere 1317. Man spricht beim Tragen von schweren Gegenständen auf den Schultern von der Steinträger- bzw. Tornisterlähmung. Gefahrenquellen sind das Melken, Gravieren, Glasschneiden, Zuschneiden u.a., was den Nervus ulnaris bzw. Nervus medianus anbetrifft. Bei landwirtschaftlichen Arbeiten, beim Fliesenlegen, Asphaltieren u.a. kann der Wadenbeinnerv eingeklemmt werden. Der Nervus tibialis kann durch Arbeiten im Knien mit zurückgelagerter Körperhaltung geschädigt werden.

Vorsicht: Im Merkblatt des BMA scheinen sich mehr Hinweise auf außerberufliche als berufliche Ursachen zu finden. Im Einzelfall mag der Gutachter statt auf die berufliche Exposition eine sogenannte Parkbanklähmung einwenden, als wäre der Versicherte auf der Parkbank eingeschlafen, und zwar bei herunterhängendem Arm.

N wie Nierenkrebs

Das Lösungsmittel Trichlorethylen steht im Verdacht, Nierenkrebs zu verursachen, und zwar im Zusammenhang mit den Halogenkohlenwasserstoffen, BK 1302. Von Nierenkrebs nach langjähriger Röntgenbestrahlung wird ebenfalls in der Fachliteratur berichtet, zum Thema BK 2402, Erkrankungen durch ionisierende Strahlen.

N wie Nitroglykol, Nitroglyzerin

Nitroglykol und Nitroglyzerin zählen zu den Salpetersäureestern, BK 1309. Auffallend in diesem Zusammenhang ist die Entstehung sogenannter Montagskrankheiten und das Auftreten sogenannter Montagssterbefälle nach Arbeitspausen, siehe zu S wie Salpetersäureester.

N wie Nitroverbindungen

Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe oder ihrer Abkömmlinge sind von der BK-Nr. 1304 erfaßt. Gefährdungen kann es in der chemischen Industrie, insbesondere Farbstoff- und Sprengstoffindustrie, in pharmazeutischen Betrieben geben sowie bei der Fertigung fotografischer Produkte, in Imprägnierbetrieben, Pelzfärbereien, Seifen-, Parfümerie-, Riechstoff- und Schuhcremefabriken. Die Stoffe können in Dampf oder Staub über die Atemwege oder durch Hautresorption aber auch über die Verdauungswege aufgenommen werden. Auffallend kann eine blaugraue (schiefergraue) Färbung der Haut sein. Die akute Einwirkung hoher Dosen kann bis zum Tod im Coma führen. Nitro-, aber auch Aminoverbindungen des Benzols können die Leber schädigen. Nach längerer Einwirkung bestimmter Aminoverbindungen des Benzols können Schleimhautveränderungen der Harnwege, Blasenpapillome und Blasenkrebs entstehen.

N wie Notdurft / „Pinkelpause“

Das Verrichten der Notdurft ist grundsätzlich unversichert. Kommen Sie dabei aber auf der Betriebsstätte zu Schaden, weil sich eine Betriebsgefahr auswirkt, kann aus diesem Grund Versicherungsschutz der Berufsgenossenschaft bestehen. Stürzt das Betriebsdach ein, spielt es keine Rolle, ob Sie gerade in der Arbeit befindlich sind, sich im Waschraum aufhalten oder Ihre Notdurft verrichten, wenn der Schadensfall auftritt. Versicherungsschutz bewilligte das Landessozialgericht in Mainz sogar in folgendem

Fall: Auf dem Heimweg von einem betrieblichen Richtfest legte eine Zimmermann mitten auf der Fahrbahn eine „Pinkelpause“ ein und wurde dabei angefahren.

Die Begründung ging dahin, die Verrichtung der Notdurft auf dem Heimweg sei nicht anders zu beurteilen als beispielsweise das Einwerfen eines Briefes oder der Kauf einer Zeitung. In beiden Fällen werde der Versicherungsschutz nicht unterbrochen.

Hinweis: Erinnern Sie sich bitte. Das Bundessozialgericht hat noch unlängst das Tanken auf dem Heimweg im Einzelfall für unversichert erklärt, weil es sich angeblich um eine erhebliche Unterbrechung handeln würde, siehe zum Stichwort T wie Tanken.
(Demgegenüber würde das Bundessozialgericht das Zigarettenkaufen auf der anderen
Straßenseite während des Heimweges offenbar für versichert halten.)

Ob es sich nun um das Verrichten der Notdurft auf dem Heimweg, um das Einwerfen eines Briefes, den Kauf einer Zeitung oder von Zigaretten bzw. um das Tanken handelt, richtigerweise handelt es sich in jedem Fall normalerweise um eine unwesentliche Unterbrechung des Weges, wie Sie sich dies nach der praktischen Lebenserfahrung auch vorstellen können.

Obduktion
Obstpflücken
Osteomyelitis (Knochenmarkseiterung)

Unfälle am Arbeitsplatz