C. Sonderfälle von P
Berufskrankheiten – Übersicht A-Z
P wie Pinkelpause
Fall: Auf dem Heimweg von einem betrieblichen Richtfest legt ein Zimmermann mitten auf der Fahrbahn eine „Pinkelpause“ ein und wird dabei angefahren.
Nach Meldung von dpa hat das Landessozialgericht in Mainz auf Arbeitsunfall erkannt, und zwar wegen nur unwesentlicher Unterbrechung des Heimweges. Siehe näher zu N wie Notdurft.
P wie Plasmozytom
Ärztlicher Feststellung nach handelt es sich beim Plasmozytom um einen Sonderfall der lymphatischen Leukämie, siehe zu dieser BK 1303, Erkrankungen durch Benzol.
P wie Polyneuropathie
Siehe dazu einmal zu S wie Schwefelkohlenstoff, Berufskrankheit 1305, und im folgenden zur BK-Nr. 1317. Die Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische ist namentlich in der neuen Berufskrankheiten Nr. 1317 erfaßt.
P wie Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische
Toxische Einwirkungen von organischen Lösemitteln können Polyneuropathien oder Enzephalopathien verursachen, BK-Listennummer 1317. Nerven- bzw. neurotoxische Lösungsmittel kommen in zahlreichen Produkten einzeln oder in Gemischen mit anderen Lösungsmitteln zur Anwendung, und zwar zum Reinigen und Entfetten in der Metall-, Textil- und Kunststoffindustrie, als Lösungsmittel für Farben, Lacke, Klebstoffe, Holzschutzmittel, Gummilösungen und zum Abbeizen, für zahlreiche chemische Reaktionen als Ausgangs- oder Zwischenprodukt oder als Lösungsvermittler. Neurotoxisch sind insbesondere aliphatische Kohlenwasserstoffe wie n-Hexan, n-Heptan, Ketone wie Butanon-2, 2-Hexanon, Alkohole wie Methanol, Ethanol, 2-Methoxyethanol, aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol, Toluol, Xylol, Styrol, chlorierte aliphatische Kohlenwasserstoffe wie Dichlormethan, 1,1,1-Trichlorethan, Trichlorethen, Tetrachlorethen. Erhöhte Risiken bestehen beim Abbeizen, Versiegeln, großflächigem Aufbringen von Klebstoffen oder Lacken. Besondere Risikoberufe sind Bodenleger, Parkettleger, Tankreiniger, Säurebaumonteure. Die neurotoxischen Lösungsmittel werden über die Lungen eingeatmet und zum Teil auch durch die Haut resorbiert. Sie verteilen sich im gesamten Organismus, insbesondere auch im Nervenssystem. Typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie sind beinbetonte sensomotorische Ausfälle mit strumpf- bzw. handschuhförmiger Verteilung. Anamnestisch ist wichtig, daß die Sensibilitätsstörungen von distal nach proximal aufsteigen und daß die Parästhesien häufig nachts zunehmen.
Vorsicht: Beim toxischen Bronchialasthma, BK 4302, hält man nicht selten den Betroffenen entgegen, daß die Atemnotanfälle nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch nachts auftraten.
Als zweifelhaft erscheint der Hinweis im Merkblatt, daß Latenzzeiten von mehr als 2 Monaten gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechen. Wenn im Rahmen der Mitursächlichkeit das eine zum anderen kommt, kann auch eine stumme Vergiftung durch die Arbeit später virulent werden. Zweifelhaft ist auch der Hinweis, daß ein Fortschreiten der Erkrankung nach mehrmonatiger Expositionskarenz die Verursachung durch Lösungsmittel ausschließen würde. Differentialdiagnostisch denkt die Berufsgenossenschaft in erster Linie an alkoholische oder diabetische, also zuckererkrankungsbedingte Polyneuropathien, wobei man die Mitursächlichkeit verschiedener Kausalketten offenbar nicht genügen lassen will. Bei der toxischen Enzephalopathie finden sich Störungen der Hirnfunktion usw. Persönlichkeitsveränderungen wesentlicher Art steigern den Rentensatz erheblich. Man unterscheidet vier schwere Grade bis hin zur Demenz. Das Merkblatt scheint monokausal gefaßt zu sein, wenn differentialdiagnostisch eine Multiinfarktdemenz, ein Morbus Alzheimer und eine alkoholtoxische Enzephalopathie ausgeschlossen werden sollen. Hirnnervenläsionen durch Trichlorethen, epileptische Anfälle durch Benzol, Parkinsonsyndrome durch Methanol, Kleinhirnataxien durch Toluol, halluzinatorische Psychosen durch Toluol, Dichlormethan und Tetrachlorethen, partielle Querschnittslähmungen durch Trichlorethen, sollen nicht unter die Nr. 1317 fallen, sondern gegebenenfalls unter andere Berufskrankheitennummern, hinsichtlich der jeweiligen Substanzen. Zu dieser Berufskrankheit gibt es eine wissenschaftliche Begründung mit Hinweisen auf die erhobene Epidemiologie (Fallgruppen von Geschädigten).
Vorsicht: Ein selbständiger Malermeister, der zugleich Mitarbeiter eingestellt hat, muß sich dann in der Praxis anhören, nicht er wäre exponiert gewesen, sondern nur die Mitarbeiter. Seine selbstverständliche Mitarbeit im Unternehmen wird auf diese Art bagatellisiert.
Es bleibt abzuwarten, welches statistische Ergebnis von Entschädigungen diese neue Berufskrankheitennummer nach sich ziehen wird. Viel Hoffnung auf eine umfassende Entschädigungspraxis besteht schon deshalb nicht bei den Polyneuropathien etwa, weil es heißt, daß sich auch schwere Verläufe spätestens nach 3 Jahren vollständig oder weitgehend zurückbilden würden.
Quarzstaub
Quasiberufskrankheit
Quecksilber